Religionen in Kanada

In Kanada gibt es eine große religiöse Vielfalt — das Land ist multikulturell geprägt und gewährt Religionsfreiheit als Grundrecht. Die wichtigsten praktizierten Religionen in Kanada (Stand: Volkszählung 2021, Statistics Canada) sind:

Christentum (ca. 53%)

Nach wie vor die größte Religion im Land, wenn auch rückläufig.

  • Katholizismus: ca. 29% der Bevölkerung — besonders stark in Québec, auch in Teilen von Ontario und den Atlantikprovinzen.
  • Protestantismus und andere christliche Konfessionen (ca. 24%):
    • United Church of Canada
    • Anglikanische Kirche
    • Baptisten, Lutheraner, Presbyterianer, Pfingstkirchen usw.

Islam (ca. 5%)

Die am schnellsten wachsende Religion in Kanada. Große muslimische Gemeinden gibt es in Städten wie Toronto, Montréal, Ottawa, Calgary und Vancouver.

Hinduismus (ca. 2%)

Vor allem in Großstädten wie Toronto, Vancouver und Calgary verbreitet, hauptsächlich unter Einwanderern aus Indien, Sri Lanka und Fidschi.

Judentum (ca. 1%)

Jüdische Gemeinden bestehen vor allem in Toronto, Montréal und Vancouver.

Sikhismus (ca. 2%)

Sehr bedeutend, insbesondere in British Columbia (Surrey, Abbotsford) und Ontario (Brampton). Kanada hat eine der größten Sikh-Diasporas weltweit.

Buddhismus (ca. 1%)

Besonders in Regionen mit starkem asiatischem Bevölkerungsanteil, etwa in Vancouver und Toronto.

Keine Religionszugehörigkeit (ca. 34%)

Ein stark wachsender Anteil der Bevölkerung bezeichnet sich als nicht religiös, atheistisch oder agnostisch — besonders unter jüngeren Kanadierinnen und Kanadiern.


Kurz zusammengefasst:

ReligionAnteil an der Bevölkerung (ca.)
Christentum53%
Keine Religion34%
Islam5%
Hinduismus2%
Sikhismus2%
Buddhismus1%
Judentum1%
Andere Religionen<1%

1. Historische Entwicklung der Religionslandschaft in Kanada

Frühe Geschichte (vor 1600)

  • Indigene Religionen:
    Vor der europäischen Besiedlung praktizierten die First Nations, Métis und Inuit vielfältige spirituelle Traditionen.
    Diese waren naturverbunden, gemeinschaftsorientiert und basierten auf dem Respekt gegenüber der Erde und den Ahnen.
    Beispiele: Schöpfungsmythen, Heilrituale, Trommeltänze, Vision Quests.

Kolonialzeit (1600–1800)

  • Mit den französischen Siedlern kam der Katholizismus (v. a. nach Québec und die Atlantikprovinzen).
  • Mit den britischen Kolonisten folgten protestantische Kirchen, besonders anglikanische und presbyterianischeTraditionen.
  • Religion spielte eine wichtige Rolle im Bildungswesen, in der Sozialfürsorge und im Aufbau der Gesellschaft.

Ergebnis: Kanada war lange Zeit zweigeteilt – katholisch in Québec, protestantisch im englischsprachigen Rest.


Einwanderung und Diversifizierung (1800–1900)

  • Wellen von Einwanderern aus Europa brachten neue Konfessionen: Mennoniten, Lutheraner, Methodisten usw.
  • Die Kirche wurde zu einem zentralen Ort für Integration und soziale Unterstützung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute

  • Masseneinwanderung aus Asien, Afrika, dem Nahen Osten und der Karibik führte zu großer religiöser Vielfalt.
  • Neue Religionen gewannen an Bedeutung: Islam, Hinduismus, Sikhismus, Buddhismus.
  • Gleichzeitig nahm der Säkularismus stark zu — viele Menschen kehren traditionellen Kirchen den Rücken.

Kanada wandelte sich von einem christlich geprägten zu einem multireligiösen und säkularen Staat.


2. Religion im heutigen öffentlichen Leben

Trennung von Kirche und Staat

  • Kanada ist offiziell kein religiöser Staat.
  • Es gibt keine Staatskirche, und die Religionsfreiheit ist in der Kanadischen Charta der Rechte und Freiheiten (1982) garantiert.
  • Der Staat ist verpflichtet, neutral gegenüber allen Religionen zu bleiben.

Religion im Bildungswesen

  • Öffentliche Schulen sind in den meisten Provinzen säkulär (nicht religiös gebunden).
  • In Québec und Ontario existieren jedoch auch öffentlich finanzierte katholische Schulen (eine historische Besonderheit).
  • Religion wird meist neutral unterrichtet – als Teil von Kultur oder Ethik.

Religiöse Vielfalt im Alltag

  • In Großstädten sieht man Moscheen, Tempel, Gurdwaras und Synagogen.
  • Religiöse Feiertage wie Diwali, Eid, Hanukkah oder Vesak werden vielerorts öffentlich gefeiert.
  • Kanadische Medien und Institutionen achten zunehmend auf interreligiöse Sensibilität (z. B. beim Essen, bei Feiertagen, in der Kleidung).

Religion in Politik und Gesellschaft

  • Politikerinnen und Politiker können religiös sein, dürfen aber ihre Religion nicht zur politischen Beeinflussung nutzen.
  • Die Gesellschaft legt großen Wert auf Toleranz, Vielfalt und Inklusion.
  • Konflikte gibt es gelegentlich, z. B. um religiöse Symbole im öffentlichen Dienst (besonders in Québec mit dem Gesetz „Bill 21“, das das Tragen sichtbarer religiöser Symbole für Staatsbedienstete einschränkt).

Fazit

Kanada ist heute:

  • multireligiös,
  • tolerant,
  • rechtlich säkular,
  • und stolz auf seine religiöse und kulturelle Vielfalt.

Die Religionslandschaft spiegelt Kanadas Motto wider:

„Unity in Diversity“ – Einheit in Vielfalt.