Pow-wows in Kanada – Feste des Lebens, der Kultur und der Gemeinschaft
Pow-wows gehören zu den bedeutendsten kulturellen Ausdrucksformen der indigenen Völker Kanadas – der First Nations, Métis und Inuit. Sie sind weit mehr als nur bunte Tanzveranstaltungen: Pow-wows sind lebendige Feste der Kultur, Geschichte und Spiritualität, bei denen sich Menschen aus verschiedenen Gemeinschaften versammeln, um ihre Traditionen zu ehren, sich mit anderen auszutauschen und die Kraft der Gemeinschaft zu feiern.
Ob in einer großen Stadt oder auf einer abgelegenen Reservation – überall im Land bringen Pow-wows Trommeln, Gesänge, Farben, Geschichten und Spiritualität zusammen. Sie symbolisieren Stolz, Heilung, Zusammengehörigkeit – und die ungebrochene Lebendigkeit indigener Kulturen in einem modernen Kanada.
Ursprung und Bedeutung
Der Begriff „Pow-wow“ stammt ursprünglich aus der Algonquin-Sprache und bedeutet sinngemäß „spirituelle Zusammenkunft“ oder „Ritualversammlung“.
Ursprünglich waren Pow-wows heilige Zeremonien, bei denen Heilungen, Dankgebete und soziale Bindungen gepflegt wurden. Mit der Zeit – besonders nach der Aufhebung kolonialer Verbote indigener Tänze im 20. Jahrhundert – entwickelten sie sich zu großen kulturellen Festen, die heute offen und einladend gestaltet sind.
Ein Pow-wow ist ein Ort der kulturellen Wiederbelebung:
- Älteste geben ihr Wissen an die Jüngeren weiter.
- Tänzer und Musiker halten alte Lieder und Rhythmen lebendig.
- Familien feiern Identität, Sprache und spirituelle Werte.
- Besucher – indigene wie nicht-indigene – lernen, zuhören und respektieren.
Pow-wows stehen heute auch als Zeichen des Überlebens: Trotz jahrhundertelanger Unterdrückung indigener Kulturen durch Kolonialpolitik, Residential Schools und Diskriminierung haben sie ihre Traditionen bewahrt und führen sie mit Stolz fort.
Der Ablauf eines Pow-wows
Ein Pow-wow kann einen oder mehrere Tage dauern, meist im Freien, umgeben von Zelten, Verkaufsständen und Trommelgruppen.
1. Der Grand Entry (großer Einzug)
Das Herzstück jedes Pow-wows ist der feierliche Einzug, bei dem alle Tänzer, Trommler und Ältesten unter Gesang und Trommelschlag in den Kreis ziehen.
Zuerst tragen Flaggenträger die Banner der Nationen, gefolgt von Veteranen, Ältesten und Tänzern in prächtigen Regalien (traditionellen Gewändern). Besucher stehen auf, um den Respekt zu zeigen – ähnlich wie bei einer Nationalhymne.
2. Trommelgruppen und Gesang
Die Trommel gilt als das Herz des Pow-wows – ihr Rhythmus steht für den Pulsschlag von Mutter Erde. Um die Trommel sitzt eine Gruppe von Sängern, die Lieder in ihren jeweiligen Sprachen singen. Diese Lieder haben oft heilige oder historische Bedeutung und werden über Generationen weitergegeben.
3. Tänze und Kategorien
Die Tänze unterscheiden sich nach Stil, Kleidung und Bedeutung. Hier einige der wichtigsten:
- Men’s Traditional Dance: Würdevoll, symbolisiert Jagd, Krieg und Geschichte.
- Men’s Fancy Dance: Schnell, akrobatisch und farbenprächtig – mit doppelt gefederten Bustles.
- Grass Dance: Fließende Bewegungen, inspiriert von Gräsern im Wind – ein Tanz der Heilung.
- Women’s Traditional Dance: Ausdruck von Stärke und Anmut; die Tänzerinnen bewegen sich würdevoll im Kreis.
- Women’s Jingle Dress Dance: Ursprünglich aus der Ojibwe-Kultur, gilt als heiliger Tanz; die kleinen Metallröllchen an den Kleidern erzeugen ein klirrendes, rhythmisches Klangbild.
- Fancy Shawl Dance: Auch „Butterfly Dance“ genannt – lebendig und elegant, symbolisiert Neubeginn und Transformation.
Jede Kategorie hat ihre eigene Musik, ihren Rhythmus und ihre spirituelle Bedeutung.
4. Wettbewerbe und Preise
Viele Pow-wows beinhalten Tanz- und Trommelwettbewerbe, bei denen Gruppen und Einzelpersonen Preise gewinnen können. Dennoch geht es nie primär um das Gewinnen – sondern um Ehre, Stolz und Gemeinschaft.
5. Handwerk, Essen und Begegnung
Neben dem Tanzplatz finden sich zahlreiche Stände mit:
- Kunsthandwerk: Perlenarbeiten, Lederwaren, Trommeln, Schmuck
- Traditionellem Essen: Bannock (frittiertes Brot), Wild, Maisgerichte
- Kulturellen Informationsständen und Workshops
Besucher können hier mit Künstlern sprechen, etwas über indigene Geschichte lernen oder einfach die Atmosphäre genießen.
Bekannte Pow-wows in Kanada
| Provinz | Pow-wow | Ort | Zeitraum |
|---|---|---|---|
| Saskatchewan | FSIN Annual Pow-wow | Regina | Juni |
| Manitoba | Manito Ahbee Festival | Winnipeg | Mai |
| Ontario | Curve Lake Pow-wow | Peterborough | September |
| Alberta | Calgary Stampede Pow-wow | Calgary | Juli |
| Québec | Kahnawake Echoes of a Proud Nation Pow-wow | Kahnawake (bei Montréal) | Juli |
| British Columbia | Kamloops Pow-wow | Kamloops | Juli/August |
Verhalten und Etikette für Besucher
Pow-wows heißen alle respektvollen Gäste willkommen, doch es gibt wichtige Regeln:
- Respekt zeigen: Beim Grand Entry und bei Gebeten aufstehen, Mütze abnehmen, zuhören.
- Fotografieren: Immer vorher fragen, besonders bei Tänzern oder Zeremonien.
- Nicht in den Tanzkreis treten, außer wenn ausdrücklich dazu eingeladen wird.
- Alkohol und Drogen sind streng verboten.
- Kulturelle Aneignung vermeiden: Keine „indianische“ Kleidung oder Kopfschmuck tragen, wenn man nicht dazu gehört.
- Offenheit und Interesse: Fragen sind willkommen, solange sie respektvoll gestellt werden.
Fazit
Pow-wows sind lebendige Brücken zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Sie zeigen, dass indigene Kulturen in Kanada nicht nur überlebt haben – sie blühen. Für alle, die Kanada bereisen oder verstehen möchten, bieten Pow-wows einen tiefen, ehrlichen Einblick in die Seele des Landes: voller Musik, Bewegung, Stolz und Spiritualität.
POW-WOW in Kamloops
Copyright aller Fotos: T.BOHL